CHEMNITZER FRIEDENSIMPULSE 2021



Film der Arbeitsgruppe Chemnitzer Friedenstag




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Beiträge aus Chemnitz


Botschaft zum 5. März von Gunnar Bertram (IHK)



Eine Friedensbotschaft der Aktion C



Botschaft zum 5. März von Superintendent Frank Manneschmidt




Eine Friedensbotschaft von Kay Herrmann (AWO)





Botschaft der TU Chemnitz zum 5. März





Eine Friedensbotschaft von Kerstin Graff (AWO)





Friedensgedichte international: T. Różewicz (Ralph Lungwitz, Deutsch-Polnische Gesellschaft)




Eine Friedensbotschaft der Fraktion Die Linke/ Die Partei





Botschaft des AGENDA-Beirates zum 5. März

Eine Friedensbotschaft von Johanna Richter (AWO)

Friedensgedichte international: G. Apollinaire (Martin Bauch, Deutsch-Französische Gesellschaft)




Eine Friedensbotschaft von Andrea Saupe (AWO)





Botschaft zum 5. März von der Jüdischen Gemeinde Chemnitz


Eine Friedensbotschaft von Jana Lohse (AWO)





Eine Friedensbotschaft von Michael Specht (CDU)




Eine Friedensbotschaft von Andreas Rauer (AWO)





EIne Friedensbotschaft von Grit Bochmann (VHS)


Eine Friedensbotschaft von Jürgen Tautz (AWO)





Friedensgedichte international: W. B. Yeats (Nancy Gibson, Arbeitsgruppe Chemnitzer Friedenstag)




Eine Friedensbotschaft des Kindergartens "Rote Schule" aus Oelsnitz/Erzgebirge (AWO)





Botschaft des Migrationsbeirates zum 5. März


Eine Friedensbotschaft der Erziehungsberatung





Eine Friedensbotschaft von Tanja Boutschek (AWO)




Eine Friedensbotschaft von Claudia Schröter (AWO)





Botschaft der Schlichtungsstelle für Täter-Opfer-Ausgleich





Eine Friedensbotschaft von Jacqueline Drechsler (AWO)





Eine Friedensbotschaft des Buntmacher*innen e.V.




Eine Friedensbotschaft von Vincent Janich (AWO)





Botschaft der Aktion Red Hand Day





Eine Friedensbotschaft des Bürgerhaus City e.V.




Eine Friedensbotschaft der YouMa Band




Eine Friedensbotschaft der AWO





Eine Botschaft von Dagmar Ranft-Schinke zum 5. März





Eine Friedensbotschaft von Hartwig Albiro (Arbeitsgruppe Chemnitzer Friedenstag)


Friedensgedichte international: M. Radnóti (Peter Dobos, Ungarischer Kulturverein Chemnitz und Umgebung e.V.)

"Ich kann es nicht wissen..." von Miklós Radnóti, frei übersetzt von Péter Dobos - hier anhören
"Nem tudhatom..." von Miklós Radnóti - hier anhören
Einführung zum Ungarischen Kulturverein - hier anhören



Eine Friedensbotschaft der Kinder der Charles-Darwin-Grundschule





Botschaft der Gleichstellungsbeauftragten Pia Hamann

Friedensgedichte international: P. Celan (Gratiela Hennig)





Eine Friedensbotschaft der Kinder der Gebrüder-Grimm-Grundschule





Eine Friedensbotschaft vom Bündnis "Aufstehen gegen Rassismus"





Eine Friedensbotschaft von Werner Steffens

Beiträge aus unseren Partnerstädten

Die Stadt Chemnitz hat die Partnerstädte gebeten, Botschaften zum 20. Chemnitzer Friedenstag zu schicken. Diese werden im Internet (chemnitz.de/friedenstag) und in einer kleinen Ausstellung präsentiert.




Buchempfehlungen

Christoph Magirius

"Fremde Eltern"
Zeitgeschichte in Tagebüchern und Briefen 1933-1945
Herausgegeben von: Joachim Krause

Weit nach dem Tod seiner Eltern und seines Onkels findet der Herausgeber Joachim Krause fast 2000 Briefe und einige Tagebücher auf dem Dachboden.
Ein Zeitzeugnis: Der Austausch drei junger Leute, die zwischen 1933 und 1945 nach Orientierung suchen. Darin wird deutlich, wie sich die unmenschliche und antijüdische Ideologie des Nationalsozialismus durchgesetzt hat.

2016, Sax Verlag, Markkleeberg



Heike Steege

"Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran"
von Éric-Emmanuel Schmitt

Ein kleines Buch mit großem Inhalt.
Ursprünglich als ein Theaterstück geschrieben, wurde es vom Autor Éric-Emmanuel Schmitt zu einer Erzählung umgearbeitet und 2001 veröffentlicht. Es wird die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Moses, einem elfjährigen jüdischen Jungen und dem muslimischen Kolonialwarenhändler Ibrahim in Paris der 60iger Jahre erzählt. Ein Buch über das Leben, die Liebe, über Verantwortung und Vergebung, über Religion und Toleranz. Eine wunderbare kleine Erzählung voller Poesie und Weisheit.



Nancy Gibson

"Gewalt: eine neue Geschichte der Menschheit"
von Steven Pinker

Ob ihr es glaubt oder nicht, die Welt wird immer friedlicher. Das ist zumindest was der kanadische Autor Steven Pinker in seinem Buch "Gewalt: eine neue Geschichte der Menschheit" darlegt. Wer die Geduld hat, sich hunderten von Statistiken auszusetzen, in denen er das über einen sehr langen Zeitraum, also über Jahrhunderte nachweist, kann ich diese Lektüre sehr empfehlen, weil sie sehr glaubwürdig darstellt, dass relativ zur Bevölkerungszahl Gewalt und Krieg seit langem auf dem Rückzug sind.

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011
Übersetzt von: Sebastian Vogel



Stephan Brenner

Drei Kapitel bei Matthäus
Bibel, Matthäusevangelium

Sie gehört zu den bekanntesten Texten der Bibel. Sie wird geachtet und belächelt. Sie wird als antiquiert angesehen und als hoch aktuell: Die Bergpredigt von Jesus. Die Bezeichnung hängt mit der Szenerie zusammen, die eingangs kurz beschrieben ist: Von einem Berg aus spricht Jesus zu seinen Hörerinnen und Hörern. Doch hintergründig ist dies so zu verstehen, dass es hier um Aussagen geht, denen eine besondere Bedeutung zukommt. Denn Aussagen im Zusammenhang mit Bergen sind in der Bibel oft auch Aussagen, die eng in Beziehung zu Gott stehen. So sind beispielsweise die zehn Gebote dem Mose von Gott auf einem Berg gegeben worden, auf dem Berg Sinai.
Doch zurück zur Bergpredigt Jesu. Der Text, der in den Kapiteln 5 bis 7 des Matthäusevangeliums zu finden ist, ist von Gottvertrauen geprägt und berührt etliche Bereiche des menschlichen Lebens. So wird Zuversicht zum Ausdruck gebracht: „Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.“ Oder: „Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“ Es wird das christliche Grundgebet gelehrt: „Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. …“ Es wird eine goldene Regel verkündet: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch!“ Und es wird in manchen Passagen zu einem Verhalten aufgefordert, das quer zu gewohnter Lebensart steht: „Liebt eure Feinde.“ Oder: „Wenn dich jemand auf die rechte Backe schlängt, dem biete auch die andere dar.“ Oder: „Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet.“ Oder: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“ …
Seit ihrer Entstehung gibt es die Auseinandersetzung über die Frage, ob die Bergpredigt Jesu in Gänze für unser Leben relevant ist oder einige Teile einem illusorischen Denken entspringen, das mit der Wirklichkeit nicht vereinbart werden kann.

Ich schlage vor: Lesen wir die drei Kapitel im Matthäusevangelium als einen radikalen Friedenstext, der uns in eine zukunftsfähige Richtung weisen will, hier und da eingeschliffene Lebens- und Verhaltensweisen infrage stellt und somit aus Gewohntem herausfordert. Manches wird uns Schwierigkeiten bereiten. Aber gerade das kann uns dazu anregen, vermeintliche Alternativlosigkeiten à la „So und nicht anders“ zu hinterfragen und neue Wege à la „Verstehen und Verständigung“ zu suchen – eingedenk einer Aussage des Journalisten Franz Alt zur Bergpredigt: „Sie ist eine Chance zur Veränderung der Welt. Aber die Welt wird nur verändert durch eine Umkehr der Herzen.“ (Franz Alt, Frieden ist möglich – Die Politik der Bergpredigt, München 1983, 17. Auflage 1984, S. 29 f.) Die Bergpredigt von Jesus hat nicht den Umfang eines Buches. Sie erfordert keine lange Lesezeit. Dennoch hat sie es friedvoll in sich. Sie ist ein Wegweiser für den Ernstfall – für den Ernstfall Frieden. Und somit bieten sich die drei Kapitel aus dem ersten Evangelium in Neuen Testament auch als kleine Lektüre am Chemnitzer Friedenstag an.
Ich wünsche allen Bergpredigt-Leserinnen und -Lesern manch gutes Aha-Erlebnis und dazu die Möglichkeit des Gedankenaustauschs mit Zeitgenossinnen und Zeitgenossen.



Etelka Kobuß

"Roman einse Schicksallosen"
von Imre Kertész

Ein Roman mit 287 Seiten über Auschwitz und Buchenwald, geschrieben in einem unschuldigen und optimistischen Ton aus der Sicht eines vierzehnjährigen Jungens, der als gelehriger Schüler bereitwillig die Logik der Lager erprobt und der seine Sache wirklich gut machen will. Denn er will leben. Er will überleben. Unglaublich bedrückend und spannend zu gleich, den Alltag in einem Konzentrationslager, das Erleben der Befreiung und die Begegnungen nach der Rückkehr in die entfremdete Heimat aus Sicht eines so jungen Menschen zu betrachten.

Bei Imre Kertész`s Werk "Roman eines Schicksallosen" handelt es sich nicht um einen Zeitzeugenbericht oder einen Holocaust-Roman. "Weil das, was man Holocaust nennt, in einem Roman nicht fassbar ist ... " schreibt Imre Kertész in einem Eintrag in seinem Tagebuch. Es ist auch kein autobiografischer Roman, wenn auch trotzdem in einem deutlichen Bezug zum Leben des Autors steht. Imre Kertész, am 9. Januar 1929 in Budapest geboren, lebte in einer bürgerlichen jüdischen Familie in Budapest. Wie sein Protagonist György Köves wird er als Jugendlicher über Auschwitz in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt und hat diese unmenschliche Zeit überlebt. Lange hat er nach einem Weg der Verarbeitung gesucht, sehr lange – vierzehn Jahre – an seinem Buch geschliffen, bis dieser so wurde, dass er ihn loslassen konnte. Werke, wie dies von Imre Kertész, werden niemals an Aktualität verlieren. Denn es gab die Verfolgung und Vernichtung, es gab diese Maschinerie des Mordens – nicht nur in Auschwitz. Und es gab Millionen Menschen, die zugeschaut und geschwiegen haben. Zeitzeugen, die darüber berichten können, wie es während der Nazizeit wirklich war: diese Menschen gibt es immer weniger. Auch den großartigen Erzähler Imre Kertész gibt es nun nicht mehr. Individuen kommen und gehen. Doch die Zeit bleibt nicht stehen, das Leben geht weiter, Schritt für Schritt – wie für György Köves. Spuren der Zerstörung von damals gibt es nicht mehr groß zu sehen. Die Städte wiederaufgebaut, selbst die Frauenkirche in Dresden steht wieder und auch Chemnitz – mit einem neuen Antlitz – scheint die Wunden geschlossen zu haben. Steine sprechen nicht. Und doch scheinen diese Beweise über das Unfassbare nicht auszureichen. Nationalismus mit einer "Wir zuerst!" Einstellung scheint wieder im Aufkommen. Menschen, die es anzweifeln, dass es die Shoah überhaupt gab, haben sich nicht in der Luft ausgelöst.
Wir müssen wachsam bleiben. Denn "Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben." (Primo Levi, italienischer Schriftsteller).

Der "Roman eines Schicksallosen" von Imre Kertész ist gewiss keine leichte Kost – wie auch sollte es anders zu diesem Thema sein. Lesenswert – ja ein MUSS – ist sein Roman allemal.

Rowolt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1998; 31. Auflage Januar 2017
Die Originalausgabe erschien 1975 unter dem Titel „Sorstalanság“ bei Szépirodalmi Kiadó, Budapest. Grandios aus dem Ungarischen übersetzt von Christina Viragh.



Hartwig Albiro

"Machandel"
von Regine Scheer

Frühjahr 2021

Das Lächeln ist hinter der Maske verborgen
Die beschlagene Brille trübt den Blick,
Alleinsein ist das Programm.
Was tun?
Ruhe und Zeit genießen,
Musik hören. Kochen, Lesen, Denken.
Ich erinnere mich an meine Jugend.
Bomben, Hunger, Tote, Flüchtlinge,
Lebensmittel als Währung.
Wir haben überlebt.

Ich greife zum Buch.
„Machandel“ von Regine Scheer.
Ein Dorf in Meck- Pomm und seine Bewohner.
Geschichte von 1930 bis zur Gegenwart.
Welch spannende Schilderung vom Kampf ums Glück.
Und ums Überleben. Gegen das Verhungern.
Ein Buch von der Kraft und der Widersprüchlichkeit der Menschen.
Das Lesen gibt Kraft und Mut.
Wie kleinlich ist mein Ärger über die beschlagene Brille.
Über den mangelnden Kontakt zu Freunden.
Meine Wohnung ist warm,
der Kühlschrank und das Bücherregal gefüllt.

Ich greife zum Buch.“ Machandel“. Zur Ermutigung.

Das Grün bricht aus den Zweigen. Frühjahr 2021

©Hartwig Albiro



Jürgen Tautz

"Akim rennt"
von Claude K. Dubois

Wut ist ein Geschenk

Arun Gandhi ist der Enkel Mahatma Gandhis. Als 12-Jähriger erlebte er den bedeutenden und einflussreichen Friedensaktivisten aus nächster Nähe. Zwei Jahre lang lebte er gemeinsam mit ihm im Ashram Sevagram in Zentralindien. Während dieser Zeit lehrte sein Großvater ihn die zehn wichtigsten Lektionen des Lebens, ein Vermächtnis, das Arun in diesem Buch mit uns teilt. So enthält jedes Kapitel eine zeitlose Lektion Mahatma Gandhis. Allmählich lernt Arun die Welt in der Obhut seines geliebten Großvaters neu zu sehen. Und gemeinsam mit ihm durchdringt auch der Leser Fragen zum Umgang mit Wut, zur Identität, zu Depression, Verschwendung, Einsamkeit, Freundschaft und Familie.
Mahatma Gandhi hat mit seiner Lehre die Welt verändert. Seine Idee des Widerstands durch Ungehorsam und Gewaltlosigkeit haben Tausende, darunter Martin Luther King und Nelson Mandela, inspiriert. Sein Vermächtnis an seinen Enkelsohn kann uns allen Orientierung geben in diesen schwierigen Zeiten.

"Akim rennt"
Ein Bilderbuch, das einem den Atem nimmt: Akim rennt um sein Leben – sein Dorf wurde von Soldaten überfallen. In Akims Dorf scheint der Krieg weit weg. Irgendwann erreicht er das Dorf am Kuma-Fluss doch: Akim wird von seiner Familie getrennt, ihr Haus zerstört. Eine unbekannte Frau nimmt sich des Jungen an. Dann aber kommen Soldaten und machen ihn zu ihrem Gefangenen. Irgendwann kann Akim fliehen: er rennt und rennt. Im Gebirge stößt er auf andere Flüchtlinge. Gemeinsam gelingt es ihnen, den Grenzfluss zu überqueren und ein Flüchtlingslager auf der anderen Seite zu erreichen. Und dort passiert ein großes Wunder: Er findet seine Mutter.
Dies skizzenhafte Bilderbuch erzählt mit wenig Text, dafür aber in umso eindrücklicheren Bildern eine Geschichte, die das Schicksal so vieler Kinder dieser Welt zeigt. Claude  Dubois widmet das Buch ihrer Mutter, die während des 2. Weltkriegs auch ein verlorenes Kind war.

2013, Moritz Verlag, Frankfurt am Main
Autorin & Illustrationen: Claude K. Dubois
Übersetzung: Tobias Scheffel



Sabine Kühnrich

"Nachruf"
von Stefan Heym

Buchempfehlung zum 20. Chemnitzer Friedenstag?

Meine Bücherregale sind voll. Was könnte das Richtige sein?
Eine Lebensgeschichte, Stadtgeschichte oder Weltgeschichte?

Ein Buch über die finsteren Zeiten des Faschismus soll es sein, wie er sich breitmachte in dieser Stadt, wie er die Welt fast vernichtet hat. Aber es darf keine Last sein, sondern soll Erkenntnis bringen. Es soll nicht traurig machen, sondern durch raffinierte Erzählkunst fesseln. Und wenn es solch ein Buch von einem Chemnitzer Autor gäbe, wäre die Sache rund...

Auf ein Buch trifft das wirklich alles zu. Es heißt "Nachruf". Der Autor ist Stefan Heym. Geboren in Chemnitz, als Helmut Flieg. Die Namensänderung ist schon Teil seiner unglaublichen Lebensgeschichte.
In der Schule, die ich zur DDR-Zeit auch besuchte, schrieb er 1930 unter der Schulbank ein antimilitaristisches Gedicht ("Exportgeschäft"), was kurz darauf in einer Chemnitzer Zeitung zu lesen war. Er flog von der Schule und...
Aber lesen Sie doch selbst, wie es weiterging!
Die Schule hat er erst im April 1945 wiedergesehen, als US-Soldat, kurz vor der Kapitulation Deutschlands. Da war er schon ein ziemlich bekannter Schriftsteller. In seiner Heimatstadt hat es etwas länger gedauert, bis man den Stellenwert seines literarischen Werkes und seiner Person verstanden hat. Aber dann 2001 wurde er Ehrenbürger von Chemnitz, später gründete sich eine Internationale Stefan-Heym-Gesellschaft, ein Platz trägt seinen Namen, ein internationaler Literaturpreis wird in ehrendem Gedenken an ihn vergeben. Sogar seine Arbeitsbibliothek ist vor Kurzem in das sonst triste "Kulturkaufhaus" TIETZ eingezogen.
Und die Schule? Stadträte hatten 2002 vorgeschlagen sie "Stefan-Heym-Gymnasium" zu nennen. Der damalige Chef des Schulfördervereins, zu meiner Zeit Lehrer an dieser Schule, argumentierte dagegen, als wäre er zu Zeiten Stefan Heyms Lehrer gewesen. Nun heißt die Schule anders. Aber das ist auch schon ein Stück Stadtgeschichte.

Der "Nachruf" ist natürlich kein Nachruf, sondern seine Autobiografie - und im besten Sinne ein Geschichtsbuch. Auch für den Schulunterricht bestens geeignet.

Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1990



Anja Wartenberg

"Abgefahren"
von Claudia Metz und Klaus Schubert

Ich habe das Buch "Abgefahren" gewählt. In ihm wird beschrieben, wie ein Pärchen 16 Jahre lang mit ihren Motorrädern in der Weltgeschichte unterwegs ist. Sie haben 257.000 Km zurück gelegt, alle Kontinente bereist.

Ich selbst bin auch sehr gern unterwegs, habe schon viele Länder bereist - neugierige Menschen und verschiedene Kulturen kennen gelernt. Und am liebsten, weil es so ursprünglich und abenteuerlich ist, bin ich auf dem "schwarzen" Kontinent unterwegs.

Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1999



Stephan Tischendorf

"Deutschstunde"
von Siegfried Lenz

Als Siggi Jepsen einen Aufsatz schreiben muss, scheint es zunächst, als sei er damit überfordert. Und das ist tatsächlich so, denn die Überschrift des Aufsatzes soll lauten: "Die Freuden der Pflicht". Er wird regelrecht überschwemmt von seinen Erinnerungen, die er dann, unter verschärften Bedingungen, zu Papier bringt, bringen muss. Erinnerungen an den Vater, der 1943 als Polizeiposten im kleinen Dorf Rugbüll an der Nordseeküste seinen Dienst versieht und in Ausübung seiner Pflicht in Konflikt mit dem Mann gerät, der ihm einmal das Leben gerettet hatte, dem Maler Nansen.
Siegfried Lenz beschreibt in seinem 1968 erschienenen Roman, der ihn – um es mit Marcel Reich-Ranicki zu sagen, zum "Volksschriftsteller" werden ließ, das Beziehungsgeflecht zwischen Menschen jenseits von einfach nur gut oder böse. Es wäre zu einfach, vom Polizisten zu behaupten, er sei ein Nazi gewesen und sonst nichts. Freilich: Die Nazi-Diktatur funktionierte wahrscheinlich auch wegen solch eines übersteigerten Pflichtgefühls in weiten Teilen der Gesellschaft. Aber Lenz ist kein Schriftsteller des schnellen Urteils. Er malt und stellt so regelrecht vor Augen, er erzählt in vielen kleinen Szenen die inneren und äußeren Kämpfe aller Beteiligten. Und dahinter scheint die eigentliche Frage auf, die der Roman stellt: Wie hätte ich mich verhalten?
"Deutschstunde" zeigt auf, wieviel Mut und Charakterstärke es braucht, Menschlichkeit zu bewahren und Gesicht zu zeigen. Wieviel Mut und Charakterstärke braucht es heute?

Erstauflage 1968
Verlag Hoffmann und Campe